Im Hypercar Pagani Huayra Roadster BC durch die Emilia-Romagna - 20 Minuten

2023-02-28 14:05:12 By : Ms. Xia Xiong

Redaktor Michael Lusk am Steuer des Pagani Huayra Roadster BC.

Mit 3,2 Millionen Euro ist der Pagani Huayra Roadster BC eines der teuersten Autos der Welt. Redaktor Michael Lusk durfte das Hypercar exklusiv rund um Paganis Heimat in der Emilia-Romagna fahren.

Jeder Autoliebhaber hat eine Bucket List, welches Auto er wenigstens einmal im Leben fahren möchte. Das ist bei Autojournalisten nicht anders. Seit Jahren steht bei mir ein Name ganz oben: Pagani. Bisher hats leider noch nie geklappt. Als deshalb vor kurzem an einem Freitag die Presseverantwortliche anrief, ob ich am Montag Zeit habe, den Pagani Huayra Roadster BC in Italien zu testen, musste ich nicht lange überlegen. Denn Italien hat nicht nur Maler oder Bildhauer wie Leonardo da Vinci oder Michelangelo zu bieten, sondern auch automobile Künstler wie Horacio Pagani. Der gebürtige Argentinier baut in San Cesario pro Jahr lediglich 50 Hypercars. Die neueste Kreation ist der Pagani Huayra Roadster BC.

Ein kurzes Wochenende später stehe ich am Montag um Punkt neun Uhr vor dem Objekt der Begierde, das direkt vor dem Haupteingang zum Werk parkiert ist. Eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität macht sich in mir breit. Schliesslich steht hier ein Auto, das mindestens 3,2 Millionen Euro teuer ist – je nach Ausstattung und Steuern auch noch deutlich mehr.

Bevors aber losgeht, werfe ich erst noch einen ausgiebigen Blick auf das Design des offenen Kunstwerks. Obwohl Pagani den nach einem südamerikanischen Gott des Windes benannten Huayra schon seit zehn Jahren baut, wirkt der Supersportler auf den ersten Blick brandneu, als käme er aus einer anderen Welt.

Mit seinen Kohlefaser- und Carbotanium-Anteilen strahlt er schon im Stand Geschwindigkeit pur aus, aktive Aero-Flaps an Front und Heck bewegen sich je nach Fahrzustand mit und sorgen für noch mehr Abtrieb oder besserer Bremsleistung. Auch im Innenraum spürt man die Liebe zu jedem Detail. Der filigrane Tacho, der gegen den Uhrzeigersinn läuft, erinnert an einen edlen Flieger-Chronographen und reicht bis 415 km/h. Die Sitze sind in feinstes Leder und Alcantara gehüllt, bieten einen guten Mix aus Komfort und viel Seitenhalt in schnell gefahrenen Kurven.

Im offenen Pagani Huayra Roadster BC gings durch die Emilia-Romagna.

Das Hypercar sieht aus wie ein Kampfjet oder Ufo auf Rädern.

802 PS und nur 1250 Kilo Leergewicht sorgen für fantastische Fahrleistungen.

Das Herzstück ist ein V12-Biturbo, der unter einer endlos langen Abdeckung verbaut ist, die gegen die Fahrtrichtung öffnet. Erstmals trägt der Zwölfzylinder offiziell die Bezeichnung Pagani-Motor, auch wenn die Italiener dem Partner AMG, mit dem man schon seit über 20 Jahren zusammenarbeitet, treu bleiben. 802 PS und 1050 Newtonmeter maximales Drehmoment liefert das Kraftwerk im Huayra BC Roadster an die beiden angetriebenen Hinterräder. Dabei müssen die Pferdestärken gerade mal 1250 Kilogramm Leergewicht antreiben.

Angesichts dieser Werte rechne auch ich mit einem wilden Biest, werde aber schon nach wenigen Metern positiv überrascht. Der Huayra Roadster BC lässt sich erstaunlich einfach fahren. Pagani-Testfahrer Matteo erklärt mir vom Beifahrersitz aus, dass schliesslich auch die meisten Kunden zur Kategorie Gentleman Driver zählen und keine reinrassigen Rennfahrer sind. Das Fahrwerk ist deshalb gerade in den beiden ersten Fahrmodi ausgesprochen komfortabel abgestimmt, insgesamt stehen fünf Stufen zur Verfügung. Die hydraulische Lenkung verlangt zwar etwas Kraft, aber punktet dafür mit präziser Rückmeldung. Das sequenzielle Getriebe vom Rennsport-Spezialisten Xtrac wechselt die Gänge fast so geschmeidig wie ein Doppelkupplungsgetriebe, spart aber deutlich an Gewicht. Für Temposchwellen und schlechte Strassen lässt sich der Vorderwagen auf Knopfdruck anheben.

Nach einigen Kilometern werde ich mutiger, blende den astronomischen Preis langsam aus meinem Hinterkopf aus. Ich wechsle in die Stufen S und R, der Sound lässt mein Grinsen noch weiter anwachsen. «ESC Off» probiere ich dennoch nicht aus, spätestens beim Griff ans Manettino erinnere ich mich wieder ans Preisblatt, das ich vor der Testfahrt bekommen habe. Aber schon in S und R ist der Sound ein Spektakel, der V12-Biturbo streut immer wieder Fehlzündungen bei der Gaswegnahme ein. Die zwei Lader produzieren ein permanentes Turbogeräusch, das bei Lupfen des Gasfusses in ein Stakkato wie ein Feuerwerk übergeht.

Noch furioser sind die Fahrleistungen. Das wahre Potenzial dieses 802-PS-Kunstwerks lässt sich an diesem Montag zwar nicht ausleben, lediglich kurze Zwischenspurts sind drin. Trotzdem geht die Zeit leider viel zu schnell vorbei, kurz vor Feierabend muss ich den Huayra Roadster BC wieder abgeben. Aber ich verstehe nach diesem Tag erst recht, warum es Kunden gibt, die 3,2 Millionen Euro für ein Auto ausgeben. Ich würde es definitiv auch tun, wenn ich das Geld hätte. Solange spiele ich Lotto. Da steht nämlich noch was auf meiner Bucket List.